Neuer Ort mit neuen Möglichkeiten

 Theater-Workshop vom 01./02. Dezember 2018

Das neue Refugium der Anhänger absurden Theaters befindet sich neben dem Radisson Hotel, dass gegenüber der Kaiserswerther Straße einen bekannten Punkt in Düsseldorf markiert. Das TheaterLabor befindet sich im A-Trakt und ich musste erst durch den Haupteingang die ein oder andere Kurve durchs Gebäude nehmen um schließlich einen eher unscheinbaren Gang zu betreten, dessen Anfang durch zwei Glastüren abgetrennt wird. Auf diesen Türen, weniger unscheinbar und dafür umso farbenfroher, das neue „Wappen“ der „TheaterLaboranten“.

Aufwärmen

Doch nun zur eigentlichen Veranstaltung: laboriert wurde im frisch renovierten Bühnenraum, der eingefasst von zwei Fensterfronten, genügend Platz für alle möglichen Leib- und Sprechübungen bereithält. Eine angenehme Wärme durchfloss meinen Körper als ich den Raum betrat. Ein aufmerksamer Wolfgang, unser Spielleiter, erwartete uns. Nach dem Aufwärmen „nach Innen“ im neuen Casino mit Tee und Gebäck, folgte nun die Wärme von außen, ausstrahlend von insgesamt sechs Teilnehmern, die alle gespannt auf das, was da auf sie zu kommen mag, einen Stuhlkreis bildeten. Zuerst wurde gesprochen, danach gelacht und zum Schluss lagen wir uns in den Armen!

„Lernt Euch kennen…,”

…war die erste Aufforderung Wolfgangs an diesem Tag. Man könnte auch sagen, legt eure alltägliche Scheu vor dem Unbekannten ab und begrüßt die Neugier auf den Menschen, der euch gegenübersteht und den ihr noch nie in eurem Leben gesehen habt. Wir gingen auf Tuchfühlung, ganz ungeniert. Alles war nun hier in diesem Raum, abgeschlossen vom Alltag, von der Wirklichkeit da draußen. Wir konnten uns gehen lassen.

Laute, rhythmische Sprechgesänge

Der erste Teil dieses Workshops besteht meistens aus Atem- und Sprechübungen. Wir lauschten der tiefen, sonoren Stimme Wolfgangs, der uns gekonnt durch die Übungen führte. Paarweise oder einzeln legten wir so langsam das privat-persönliche Ich ab und gingen sozusagen zurück zum Ursprung.

Ich nahm deutlich in mir wahr, wie ich sämtliche Hemmungen verlor und sich ganz automatisch ein Heiler aus alten Zeiten in mir meldete.

Der Schamane war plötzlich ganz präsent in meiner Wirklichkeit. Eine alte Seele, die nun zurückkehrte und Platz in den Übungen für sich einforderte. Mit lauten, rhythmischen Sprechgesängen, urvoll und dennoch pragmatisch sich auf das Ziel hinbewegend die bösen Geister zu verjagen, lief ich mit schnellen, rhythmisch abgestimmten Bewegungen durch den Raum.

Auch wenn die Übungen unterschiedlich waren, tauchte dieses Wesen immer wieder aus mir heraus auf und verlangte von den anderen Teilnehmern erkannt zu werden. Bei einer Paarübung hatte der Schamane regelrecht das Bedürfnis seine Partnerin zu heilen, ihre bösen Gedanken zu verjagen um damit seiner Berufung Genüge zu tun.

Eine tiefe Seins-Erfahrung durchdrang mich

Ich wollte nun dieses Wesen weiter erforschen. Nach einer kleinen Pause ging es auf die Bühne – mein Lieblingspart bei den Workshops. Es galt nun die erreichte Autonomie auf die Bühne zu bringen. Kleine Rollenspiele, die Darstellung von Emotionen vor den anderen Teilnehmern und ständige Reflektion von Wolfgang machten den restlichen Vormittag aus. Eine besondere Erfahrung dabei, die mir noch gut in Erinnerung ist, war die Anweisung Wolfgangs eine „Performance“ auf der Bühne zu starten. So unscharf dieser Begriff auch ist, umso mehr Freiheit bei der Darstellung hatte ich.

Eine ganz besondere Übung

Und ich legte los, lies die Zügel los und setzte alles in meinen Ausdruck was ich nur konnte. Alle Emotionen sollten raus. Ich stellt mich vorne an den Bühnenrand und war böse, zornig, gehässig, hasserfüllt und und und… Alles um mich herum wurde fahl und grau und mein Pathos wuchs und wuchs.

Reaktionen aus dem Publikum heizten mir noch mehr ein. Dann beendete Wolfgang mein Martyrium, dass in Wirklichkeit Befreiung war. Alle klatschten laut und ich war erleichtert. Ein kleines Solo-Bühnenstück lag hinter mir, meine Seele umgekrempelt und nach Außen gestülpt – eine großartige Erfahrung. Dann folgte das mittlerweile schon obligatorisch gewordenen Mittagsmahl. Jeder Teilnehmer brachte eine Kleinigkeit mit und es entstand ein kleines Buffet der Köstlichkeiten.

Am Schluss noch der Gelenktanz

Nach dem Mittagessen ein wenig Gelenktanz zum Aufwachen. Meine Partnerin – eine kleine, zierliche Frau – hängte sich während der Übung an meinen Rücken und der Schamane in mir polterte los und führte einen Tanz der ganz besonderen Art auf. Die Dame im Schlepptau nutze ich fast den gesamten Übungsraum und bewegte mich wie eine Feder hin und her. Schließlich wurden unsere Bewegungen und Laute so auffällig, dass wir die Aufmerksamkeit der anderen Teilnehmer, die ja nun auch in ihre Übung vertieft waren, erweckten. Schließlich schauten alle auf uns und der Tanz kam zum Ende. Danach reflektierten wie einander unser Erlebtes und uns war beiden klar, dass hier gerade ein schöpferischer Vorgang, der völlig unbewusst ablief, in Gang war. Wir konnten uns einlassen – aufeinander und auf unser Umfeld.

Am Ende lagen wir uns alle in den Armen und waren froh, diesen Workshop mitgemacht zu haben.