Eine Premiere auf unserer Bühne

Am Freitag durfte ich eine ganz andere Premiere auf unserer Bühne moderieren und erleben. Meine Freundin und Autorin Christina Müller-Gutowski stellte ihr zweites Buch mit dem Titel “AUCH DIE STADT SELBST IST ABENTEUERLICH GEBAUT” vor. Wir erlebten also eine Premierenlesung dieses – im positivsten Sinn – ungewöhnlichen Buchs.

Christina Müller-Gutowski ist Dipl.-Pädagogin und geriet im Jahr 2000 in den Sog des literarischen Schreibens. Sie merkte rasch, dass das Schreiben zu ihrer Passion wurde und Widerstand dagegen zwecklos. Sie bevorzugt kürzere Formate und veröffentlichte Gedichte, Essays und Kurzprosa in Literaturzeitschriften und Anthologien. Ihr erstes Buch “TAUSENDUNDEINORT” enthält zwanzig berührende, meist schräge oder mehrdeutige Erzählungen. Ich finde, sie durchweht der Duft ihrer Heimat, des Ruhrgebiets.

Mit wachen Augen durch die Stadt

Christina Müller-Gutowski sieht it einem freundlichen Gesicht in die Kamera. Sie hat blondes, lockiges Haar. Das Foto ist in scharz/weißIhr neues, druckfrisches Buch, gibt Antworten auf die Frage: “welche Bilder und Geschichten erzählt die Stadt?” Einige Monate durchstreifte, flanierte oder irrte Christina mit wachen Augen durch unsere Stadt.  Sie sammelte Eindrücke, Stimmen, Gesten und Blicke von Menschen auf Straßen, in der U-Bahn, im Nahverkehr, in unterschiedlichen Lokalitäten. Dabei immer auf der Suche nach dem Ungewöhnlichen oder Verborgenen im Alltäglichen oder auch im Abenteuerlichen des Augenblicks. Da sah sie die obdachlose Frau unter der Brücke, die sich aus blauen Säcken ihre Schlafzimmerwand baut; die ergraute Flaschensammlerin im Regionalexpress; den Jutebeutel mit Palmenaufdruck an der Rückseite des Rollstuhls. Hörte den Gesang einer Frau unter herbstbelaubten Bäumen, oder den Rappsound im Gespräch von Jugendlichen vor einer Dönerbude.

Ein Szenen-Mosaik

Aus dem Erlebten entfalteten sich dann die Texte. Entstanden sind Erzählungen, Prosaminiaturen und Gedichte in einer bilderreichen, ganz individuellen Sprache. Begleitet durch ausdrucksstarke Fotos, die Christina mit der Handykamera auf ihren Spaziergängen aufnimmt, entstand ein Geflecht oder Mosaik von in Wort und Bild gefassten urbanen Szenen.

In ihrer Lesung brachte Christina uns eine abwechslungsreiche Auswahl ihrer Texte zu Gehör und passend dazu gab es Fotoprojektionen ihrer im Buch veröffentlichten Bilder. Das Publikum lauschte konzentriert, es entstand eine aufmerksame Stille im Zuschauerraum.

Erstaunlich, was die Stadt an Erlebnissen im Alltag in sich trägt. Sie zu entdecken braucht es Offenheit, Neugier und die Bereitschaft hinter Fassaden und in die Gesichter von Menschen zu schauen. Mich hat beeindruckt, dass die gelesenen Texte sofort Bilder und Filmszenen in meinem Kopf entstehen lassen. Sie wirken nach und laden mich ein, selber einmal mit einer anderen Brille, bzw. mit offeneren Augen durch die Stadt zu fahren und zu gehen.

Sekt oder Selter mit Christina

Nach der Lesung fanden sich viele Gäste noch zu angeregten Gesprächen am Büchertisch oder in unserem Kasino bei einem Glas Sekt oder Selters zusammen.

Christina freute sich über die Resonanz und resümierte: “ Wie schön, dass Literatur eine solche Wirkung entfalten kann. Es freut mich besonders, wenn meine Texte Menschen miteinander in Kontakt bringen.”