Hamlets Rede

Nach der Sommerpause geht es im Schauspielunterricht weiter mit einem wunderbar passenden Shakespeare-Text: “Hamlets Rede an die Schauspieler”. Hamlets Rede enthält eigentlich schon fast alle goldenen Regeln der Schauspielkunst. Z.B:

  • …sprich den Text leicht, flüssig und melodisch von der Zunge weg.
  • Fuchtel auch nicht so viel mit den Händen durch die Luft, sondern bleib ruhig und bedächtig im körperlichen Ausdruck.
  • …. bewahre immer eine gewisse Distanz, damit du deiner Figur Form und Ausdruck verleihen kannst.
  • Erlaube dir eine eigene Haltung und gib deiner Figur eine ganz eigene Gestalt.
  • Passe die Gebärde dem Wort und das Wort der Gebärde an.

Wir bekommen von Wolfgang die Aufgabe, uns mit diesem Text zu beschäftigen, ihn nicht auswendig zu lernen, sondern den Inhalt mir eigenen Worten zu formulieren, d.h. zu paraphrasieren. Zwei Spielende gehen dann auf die Bühne und gestalten eine dialogische Szene mit dem individuell gestalteten Text.

Für diese Szene muss zunächst geklärt werden:

  • Wer sind diese Personen? Wie alt sind sie? Was sind ihre charakterlichen, körperlichen und stimmlichen Besonderheiten und welche Verbindung gibt es zwischen ihnen?
  • Wie zeigen sie ihre Eigenheiten?
  • Wo spielt sich der Dialog ab?

Hier einigen wir uns darauf, dass die Szene sich in einer Theaterkantine abspielen, in der sich zwei Schaupieler*innen nach einer Vorstellung treffen und ins Gespräch kommen.

Dialog in der Auseinandersetzung

Zwei Spielende sitzen auf weißen Stühelen auf der Bühne. Beide trage etwas schräge weiße Perrücken.Ich bin in der Szene “Isabelle”, eine ältere Diva, die ihrem jüngeren Kollegen “Manfred” einige unerwünschte Tipps geben will. Er kommt vom Film und hat in der Werbung gearbeitet und findet seine Kollegin arrogant. Sie wiederum schätzt nur die Arbeit auf der Theaterbühne und wertet seine Filmerfahrung ab.

Zwei sehr unterschiedliche Charaktere werden also gezeichnet, was sich auch im Umgang mit der Requisite (Wasserkrug und Gläser) widerspiegelt. Er trinkt ungehobelt aus dem Krug und sie eher geziert aus einem Glas. Im Dialog wird der Shakespearetext in die Auseinandersetzung der beiden eingewoben.

Aber ein wichtiges Element wurde diesmal noch nicht berücksichtigt: das Zug-um-Zug-Spiel. Zug um Zug heißt im slow acting:

Ich lasse mir Zeit (20-30 Sek.) um die Aussage meiner Gegenfigur aufzunehmen und zu verarbeiten und reagiere zunächst körperlich mit Mimik, Bewegung und Gebärde. Erst dann erfolgt die Reaktion mit Stimme und Sprache. In gleicher Weise reagiert dann mein Gegenüber.

Im darauffolgenden Training montags danach, übten wir dann das Zug-um-Zug-Spiel und den Einsatz von Gebärden. Diesmal, in dem zwei Spieler auf der Bühne jeweils eine Pro- oder Kontraposition zu einem vorgegebenen aktuellen Thema einnehmen sollten (z.B. für oder gegen Fleischkonsum). Wieder wurde ganz viel Körpereinsatz gezeigt, die Figuren prägnant mit Übertreibung und Verfremdung gezeichnet, Emotionen ausgedrückt, die Stimme zum Teil mit Dialekt verfremdet, die Gebärden gezeigt und die Bühne in unterschiedlicher Weise genutzt. Als Zuschauer gab es viel zu Lachen und in den Rückmeldungen wurde besonders die eindrucksvolle Wirkung von nonverbalem Ausdruck, Langsamkeit und auch Wiederholung von Gesagtem hervorgehoben. Ohne bewusst darauf zu achten, wurden schon viele Elemente von Shakespeares Rede an die Schauspieler umgesetzt.

Beim nächsten Training werden wir das Geübte dann in die oben beschriebene Szene von zwei Schauspielern in einer Theaterkantine mit paraphrasiertem Shakespearetext umsetzen. Ich freue mich sehr darauf.