Text, Atemtechnik und Sprechmelodie

Wir beginnen mit dem Lesen des Textes als technische Übung: bei jedem Satzzeichen zu Atem kommen, die Endsilben aussprechen und die Verschlusslaute abgeben. Es kommt darauf an sauber zu artikulieren. Dabei kommt die emotionale Färbung wie von selbst. Wichtig ist auch, nur das zu lesen/auszusprechen, was inhaltlich wirklich verstanden worden ist. Bei unvollständigen Sätzen im Rollentext darf die Stimme nicht abgesenkt werden.

Drei Spielerinnen sitzen am Tisch und diskutieren über den Rollentext.

Gemeinsames Textlesen im Ensemble. „Der Mensch muss denken …“

Dann Wolfgangs Vorschlag, der Sprache von Lena (sie kommt ja aus einem anderen Land) und auch der Gouvernante eine andere Sprachfärbung zu geben. So soll Doris ihre Lena in Wiener Dialekt sprechen lassen und ich die Gouvernante in norddeutscher Mundart.

Im Bühnenraum machen wir zuerst Stimmübungen (z.B. mimm….mimm oder mamm… mamm.. mit summendem mmmm aufsteigend und absteigend intoniert) und achten wieder ganz besonders auf das Zu-Atem-kommen. Als nächstes dann Sprachübungen zu zweit: eine Wortfolge oder ein Satz vom Übungsblatt wird z.B. in einer verzückten Stimmung gesprochen (Oh, du …..; du und ich …!).

Dann wird weiter gearbeitet an der 3. Szene – Leonce und Rosetta, Valerio

Die Begegnung von Leonce und Rosetta bekommt erste gestalterische Züge: z.B. Abwendung von Rosetta als Leonce sie auffordert zu tanzen; sie spricht ihren Liedtext wie ein Gebet; Leonce wendet sich danach deutlich von Rosetta ab; seine Melancholie wird wieder sichtbar. Er ist glücklich und genießt das, was kommt: „oh, eine sterbende Liebe ist schöner als……..“.
Nach Leonce`s Monolog dann sein Sich-selber-rufen. Laut und deutlich, der äußere Leonce ruft den inneren Leonce!
In der Szene mit Valeria wird der Text nochmal gestrafft und das Auftreten und die Haltung der „Figur“ besprochen (sie ist aufgeregt … denn sie hat ja wichtige Neuigkeiten zu überbringen !).

In der 4. Szene – Lena und Gouvernante

Doris spricht den Text von Lena in wienerischem Dialekt, dabei in heiterer bzw. angeheiterter Stimmung. Dies ergibt einen wunderbaren Kontrast zwischen dramatischem Textinhalt und Ausdruck. Als Gouvernante bekomme ich die Anweisung, Lena nicht zu berühren, Distanz zu wahren und eine Gebärde einzuhalten, in der die Arme auf dem Rücken verschränkt bleiben. Mein norddeutscher Dialekt muss noch geübt werden. Der Abgang von Beiden dann mit munterem Gesang (Melodie: „es kommt ein Vogel geflogen …“).
Belgin als Valeria gestaltet schließlich die Schlussszene.

In der Abschlussrunde wurde die Freude darüber geäußert, wie wunderbar die Wirkung ist, wenn der Text mit einer Sprachmelodie gestaltet wird. In unserer Arbeit auf der Bühne schimmerten erste szenische Gestaltungselemente durch und die Figuren bekamen Charakteristika. Z.B. kommt mit dem Wiener Dialekt eine unverblümte Naivität von Lena zum Ausdruck.
An der Unterscheidung der Figuren von Rosetta und Valeria, die ja beide von Belgin gestaltet werden, soll noch weiter gearbeitet werden. Vielleicht kann die Rosetta in einem ungarischen Akzent sprechen.
Versorgt mit der Aufforderung möglichst täglich Vokalisierungs- und Sprachübungen zu machen endete unser 5. Probentag in guter Stimmung.