Ich bin seit etwa 3 Jahren Teilnehmerin am Schauspielunterricht im TheaterLabor und möchte etwas von meinen Eindrücken erzählen, bzw. auch darauf neugierig machen und einladen dazu zu kommen.

Ich möchte gerne neue Teilnehmer gewinnen.

Noch ganz erfüllt und berührt von den Erfahrungen und Feedbacks am Montagabend im Schauspielunterricht, saß ich auf dem Weg nach Hause in der U-Bahn und dachte über einen Blogbeitrag nach.
Wie kann ich das Erlebte beschreiben? Was war das Thema dieses Abends? Und wie kann ich vielleicht auch neue Teilnehmer/innen begeistern bei uns mit zu machen?
Wie läuft so ein dreistündiger Abend Schauspielunterricht überhaupt ab?

Ein köstliches TheaterLabor-Essen.

Schon in der Feedbackrunde, als wir auch Wolfgang eine Rückmeldung geben sollten, entwickelte sich bei mir zum ersten Mal die Metapher der sinnlichen Erfahrung eines wohl ausgewogenen, köstlichen Menüs, das uns der „Maitre“ Wolfgang jedes mal am Montag oder Dienstag des Schauspielunterrichts vorschlägt und bereitet.

Das Menu beginnt mit dem Befragen der Gäste

Je nach Zusammensetzung der Teilnehmer stellt Wolfgang dann die wohl ausgewogenen, ein bisschen geheimnisvollen Komponenten des Menus aus seinem Schatz von unzähligen Zutaten zusammen. Mit einem feinen Gespür dafür, was jeder benötigt oder wovon der einzelne profitieren kann und vielleicht auch an eigener Freude am komponieren.

 

Das amuse geule ist oft das ruhige Sitzen und Meditieren, Atmen und Tönen. Diesmal war es das Wahrnehmen der Beckenschale, das Spüren der Zwerchfelllatmung mit dem Kommenlassen des Einatmens und das atemrhythmische Summen.

Dann die Vorspeise

Sie gibt es im Übungsraum. Oft sind es Stimmübungen, das langsame oder ungewöhnliche Gehen, das Praktizieren von Gebärden, das Zug um Zug-Spiel, der Gelenktanz oder auch wieder etwas ganz Neues, was wir bisher noch nicht probiert haben.
Unser Auftakt dieses Mal war das langsame und betonte Aussprechen der mmm´s und nnnn´s. Geübt mit dem Übungssatz. „Meine Muhme Minna Neumann nimmt in Memmingen immer neue Meinungen an.“ Das schmeckt mit lockeren Lippen und dem Genießen des herrlichen Aromas dieser weichen warmen Klänge.

Zu den Hauptgänge geht es dann in den Bühnenraum

Hier finden szenische Übungen statt. Das Zug um Zug-Spiel wird auf der schönen, schwarzen Bühne praktiziert. Von uns Schülern werden kleine Stehgreifspiele gezeigt, oder Szenen aus den Stücken, die gerade bearbeitet werden, geprobt. Requisiten werden benutzt, auf das Ausnutzen des Bühnenraums geachtet, körperlicher Ausdruck und Stimme sowie Einsatz von Gebärden und Eigentext geübt und … noch vieles mehr angeboten und reflektiert.

Hamlets Rede an den Schauspieler

Am Montag erhielten wir als erstes den Text „Hamlets Rede an die Schauspieler“. Dieser Text, von uns gewürzt mit viel Eigentext, wurde von jedem auf der Bühne als Anrede an das Publikum vorgetragen.
Dann wurde das Requisitenspiel serviert. Viele Stühle kamen auf die Bühne. Sie sollten auf unterschiedliche Weise benutzt und vor allem vom Spieler berührt werden. Mit der Sinnlichkeit des Berührens fand eine Vertiefung und Beruhigung des Ausdrucks in der Stimme und im Körper statt. Die Bedeutung der sinnlichen Wahrnehmung auf der Bühne wurde uns so spielerisch bewusst und erfahrbar gemacht. Ich erlebte deutlich bei mir und bei Andrea und Miriam dass das, was gefühlt, gesehen, gehört wird, sich in Mimik und Körperausdruck und Sprache auswirkt.

Imagiantion gleich Realität?

Und dabei wirkt die Vorstellung genau so intensiv wie die reale Wahrnehmung. Ich konnte z.B. in eine offene Stuhlfläche blicken wie in einen tiefen Brunnen in dessen Wasseroberfläche ich mich spiegele oder später in eine widerliche Schlangengrube, deren Anblick mich ekelte und mein Gesicht verzerrte. Die Wirkung dieses Angebots forderte ein sich einlassen, auskosten und sich Zeit nehmen für den Genuss. (Ja, das muss ich immer noch lernen, ich bin hektische Schnellesserin!).

Eine “Zufallszutat”.

Zum Abschluss gab es dann ein Angebot für Andrea und mich, da wir mit dem Text der Beatrice aus Schillers „Braut von Messina“ vertraut sind. Hierzu wählten wir eine Zufallskomponente aus Wolfgangs Zutaten-Repertoire aus. Meine Beatrice hatte sowohl eine körperliche Behinderung als auch einen Sprachfehler und sie sollte mit einem Stuhl von einer Ecke der Bühne zur anderen gehen und dann dort sitzen und etwas von ihrem Text sprechen. Das Angebot war eine Herausforderung, etwas heftig gewürzt und Schweiß treibend – machte aber auch Spaß – schließlich probiere ich gerne etwas Neues.

Die ängstliche Beatrice.

Andreas Beatrice sollte auf dem Stuhl einschlafen, zu Boden sinken, in Zeitlupe wieder aufstehen, mit dem Stuhl über die Bühne gehen und dann wieder sitzen, einschlafen usw. Sie beeindruckte durch ihre Blicke, die ängstlich, erwartungsvoll, überrascht, enttäuscht, in alle Richtungen gingen und das Empfinden der Beatrice auch ohne Worte zeigten.

Nicht zu vergessen sind dann auch die Interventionen, Zwischenrufe und Kommentare, die Wolfgang während des Spiels oder im Anschluss gibt. Sie helfen mir immer, mich zu orientieren, zu korrigieren, neu zu sammeln, mich nicht zu „verschlucken“ – um im Bild zu bleiben.

Der krönende Abschluss / das Dessert des Abends

Zurück im Übungsraum findet die Abschlussbesprechung oder Feedbackrunde statt. Die Frage lautet natürlich nicht: „wie hat es euch geschmeckt“ – sondern: „wer und was hat euch berührt und beeindruckt“. Jeder von uns Teilnehmern gibt wertschätzende und hilfreiche Rückmeldungen und schließlich auch Gianni und manchmal auch Wolfgang noch.
Am Montag gab es Rückmeldungen wie:
  • „Du hast hast eine ausdrucksvolle Mimik und schöne Präsenz gezeigt
  • deine Figur hat hat ihre Empfindungen deutlich in der Gehweise und mit Blicken gezeigt
  • das Berühren des Stuhlstoffs hat deine Sprache und deinen Ausdruck vertieft
  • du kannst dir noch mehr Zeit lassen und es ist schön, wenn du ohne Text zu sprechen einfach nur da sitzt oder stehst
  • Sprache und Handlung sind auf der Bühne nicht zwingend erforderlich
  • besonders Miriams „sich-einlassen“ auf all die verschiedenen, für sie völlig neuen Übungen haben alle bewundert und gewertschätzt

Auf seinen Wunsch, selbst auch einmal Feedback zu bekommen, erhielt dieses Mal auch unser „Maitre“ Wolfgang viel Anerkennung für sein immer wieder neues, mit viel Empathie und Sorgfalt, Kreativität und Sachkenntnis zusammen gestelltes Menu an Übungen und Angeboten. Zu Recht !!!! Es nährt, fördert, beglückt mich jedes Mal und macht mir wieder Appetit auf den kommenden Montag.

Wertschätzende Art

Jetzt muss ich aber auch noch unbedingt den so wichtigen Beitrag von Gianni beschreiben. Er sorgt nicht nur für die entspannte Atmosphäre, das Ambiente und das Gelingen der Organisation. Unschätzbar ist sein Fähigkeit uns zu beobachten und zu beschreiben, was er wahrgenommen hat. Und dies auf eine sehr differenzierte und wertschätzende Art, auch dann wenn es mal etwas zu korrigieren oder zu ändern gilt. Meistens aber gibt es etwas Positives zu hören, so dass ich jedes Mal davon ganz berührt bin und erfüllt und glücklich nach Hause fahre. Wer gibt einem sonst im Alltag auch schon so ein ehrliches bzw. anerkennendes Feedback? Das ist selten und kostbar.

Mein Fazit

Schauspielunterricht im Theaterlabor Traumgesicht schult die Sinne, öffnet das Herz, löst Blockaden und erweitert die eigenen Möglichkeiten. Was für ein Gewinn und Genuss! Vielleicht habe ich ja etwas neugierig gemacht. Wir freuen uns auf neue Teilnehmer/innen!